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Das späte Leben. Von Bernhard Schlink.

Endlich einmal ein nicht peinlicher Altmännerroman.

Den allethalben hochgehypten «Baumgartner» des gefeierten US-Amerikaners Paul Auster habe ich zwar gelesen, aber im Büchercheck nicht besprochen. Die ziellos mäandernde Story ohne überspannenden Bogen und ein fehlendes Ende langweilte mich mit endlosen Selbstbemitleidungen der alternden Titelfigur, deren «Chnörze» unschwer als solche des 77-jährigen Autors zu durchschauen sind.

Vom Titel und vom Alter des Verfassers her habe ich deshalb das neueste Werk von Bernhard Schlink (*1945) erst einer ähnlichen Tendenz verdächtigt. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein 76-jähriger Jusprofessor, der aus heiterem Himmel die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs erhält und höchstens noch drei Monate zu leben hat. Das schüttelt ihn zünftig durch, auch weil er mit einer dreissig Jahre jüngeren Frau verheiratet ist und ihr gemeinsamer Sohn noch in den Kindergarten geht. Anders als Baumgartner ergeht er sich aber nicht in selbstgerechten Jeremiaden, sondern verbringt noch möglichst viel «Quality time» mit seinen Nächsten, schafft Dinge, die sie nach seinem Tod positiv an ihn erinnern würden.

«Das späte Leben» erreicht zwar meiner Ansicht nach nicht das Niveau von Schlinks Welterfolg «Der Vorleser» aus dem Jahr 1995, ist aber immer noch um Welten besser als das selbstreferenzielle Gejammer des Kollegen Auster. Die Schilderung von Professor Brehms letzten Monaten und Wochen besticht durch die vordergründig teilnahms- und emotionslose Schlichtheit, die Schlinks Werke auszeichnet und mit welcher der Autor die grossen Fragen von Leben und Tod auf ein alltägliches Niveau herunterholt. Zum Beispiel auf das eines Komposthaufens, den der Vater mit seinem Sohn einrichtet, auf dass sich dieser bei dessen späteren Betreuung an ihn erinnern möge. Ein kleines, schönes, berührendes Buch – und für einmal ein Altmännerroman ohne jede Peinlichkeit.   

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