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Mama Odessa. Von Maxim Biller.

Möglicherweise ein Letztling?

Maxim Biller hat nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs gesagt, er wolle mit dem Schreiben aufhören, weil sich angesichts dieses Rückfalls in die Barbarei einmal mehr gezeigt habe, wie wenig Einfluss Literatur auf die politische und gesellschaftliche Realität habe. Die versammelten deutschen Feuilletons von der NZZ bis zur WELT äusserten daraufhin ihr Bedauern über diese Ankündigung und gaben der Hoffnung Ausdruck, dass der deutsche Schriftsteller mit russisch-jüdischen Wurzeln sie nicht umsetzen würde.

Täte er es, wäre «Mama Odessa» das letzte Buch eines äusserst produktiven Autors. Zahllos sind nicht nur seine Kolumnen und seitenfüllenden Analysen des Zeitgeschehens aus jüdischer und israelischer Optik in Deutschlands grossen Qualitätszeitungen; auch die Zahl seiner Buchpublikationen übersteigt gemäss den Angaben von Wikipedia die Dreissig. Sein Generalthema spiegelt sich im Titel eines Videos, das der engagierte Vertreter der jüdischen Sache 2004 einem von ihm produzierten Video gegeben hat: «I love my Leid».

Nichts ist also, wenn man Biller liest, mit dem heiteren Schmunzeln, das Autorinnen und Autoren mit jüdischem Hintergrund (Thomas Meyer, Yasmina Reza) ihren Leserinnen und Lesern mit ihrem speziellen Humor oft entlocken. Auch in «Mama Odessa» dominiert das Leid. Das des Erzählers Mischa mit und an seiner Familie und deren politischer Verfolgung. Der Frust seiner betagten Mutter, die gerne Schriftstellerin gewesen wäre und erst im fortgeschrittenen Alter erste Erfolge auf diesem Gebiet hatte. Das daraus resultierende schwierige Verhältnis zwischen Sohn und Mutter. Die meisten Handlungsstränge, Konfliktlinien und geografischen Verortungen in dieser Fiktion haben stark autobiografische Züge.

Einige Kritiker haben das Buch zu einem von Billers besten geadelt. Kann man so lesen, muss es aber nicht. Gerade in der aktuellen Situation mit Odessa und Jerusalem im politischen Fokus bedeutet die Lektüre von «Mama Odessa» auf jeden Fall keinen Zeitverlust.   

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