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Chienbäse. Von Ina Haller.

Dieses Buch besteht aus einer Geschichte, einem Käsewähenrezept und einer Unmenge von Fragezeichen.

Ich habe das irgend bei einer Schulung so erlernt: Bei einer Manöverkritik (es war wohl im Militär...) zuerst drei positive Punkte. Dann die Kritik. Na, dann wollen wir uns daran halten...

Der "Chienbäse" ist so ungefähr der zehnte Regionalkrimi von Ina Haller und ich wollte einfach gerne mal wissen, weshalb die Schweizer Krimiautorin so erfolgreich ist. Also: her mit dem neuesten Buch! Zumal es sich - so verspricht der Titel - um ein Buch im Liestaler Fasnachtsumfeld handeln soll.

Zugegeben: Da hat es viel literarisches Fleisch am Knochen! Einerseits stimmt bei Ina Haller die Sprache: Sie ist relativ schnörkellos, klar verständlich und hat eine hohe Qualität (kommt vielleicht von der deutschen Abstammung der Autorin). Die Geschichte in dem Buch "Chienbäse" hat einiges an Spannung zu bieten und kommt - durch vielerlei Tötungsdelikte und Anschläge - in einem ziemlichen Tempo vorwärts. Und die Dialoge in dem Buch sind nicht zu üppig, also lesbar und authentisch. Auch fehlen - gottlob - die Versuche, einer Kuh das Geigenspielen beizubringen. Ich will damit sagen: Die Autorin verzichtet darauf, den Lesenden die Liestaler Fasnacht so nebenbei noch zu erklären (Die Fasnacht kommt, mit Ausnahme des Chienbäse-Umzugs, gar nicht vor...). Dafür sei ihr gedankt. Und das waren jetzt drei positive Punkte...

Ich hatte dennoch riesige Mühe mit dem Buch bzw. mit der Geschichte. Und das liegt vor allem an der Protagonistin. Die temporär arbeitslose Samantha Kälin wird zur Ermittelnden, weil sie halt zufällig in alle Todesfälle und Anschläge verwickelt ist und es letztlich ihren Freund betrifft. Samantha ist aber mitnichten eine Draufgängerin oder eine Frau, deren man solche privaten Ermittlungen zutraut oder - wenn sie in einem Krimi beschrieben werden - glaubt! Das sieht man vor allem an den unzähligen Fragen, die sie sich permanent stellt, auf jeder Seite, in jeder Situation und vor jeder Aktion (Ich habe jetzt zufällig zwei Seiten - 134 & 135 - aufgeschlagen und gezählt: 13 Fragen selbstzweiflerische Fragen, wie z.B. Bedeutet das, die Vorfälle hingen zusammen? Warum hatte es jemand auf ... abgesehen? Würde das heissen....? Warum musste dies alles jetzt passieren...? War es ein Zufall? etc.). Warum müssen die Lesenden über jeden zweifelnden Gedanken von Samantha informiert sein? Um ihre - teilweise - sinnlosen Alleingänge zu erklären? Damit wir uns richtig verstehen: Den Typus "Samantha" gibt es sicher und ist hier sehr gut beschrieben! Aber, dass eine solche Figur sich in die Ermittlungen einer nicht ganz unkomplexen Geschichte einschaltet, das ist mit Verlaub nicht annähernd realistisch. Dann schon lieber "exotische Überzeichnungen" wie z.B. eine Bestatterin. Oder eine lesbische Privatdetektivin. Oder eine saufende Witwe...

Diese Fragezeichen-Orgien (Was übersah sie?) haben mein Lesevergnügen sehr beeinträchtigt (Warum hat der Täter...? Zufall?)! Wenn man dann allerdings den Schluss des Buches liest, wo die Autorin sechs volle Seiten Erklärungen und Begründungen zur Auflösung der Geschichte benötigt, dann wird das eine oder andere Fragezeichen verständlich. Vor allem bei mir.

Eigentlich schade. Die Grundzutaten für einen "Regionalkrimi" sind vorhanden. Ich kann mich einfach mit der Protagonistin und ihrer kriminalistischen Fähigkeiten nicht anfreunden. Aber das liegt mit Sicherheit an mir (oder wie es Samantha ausdrücken würde: "Liegt das an mir?"). Da die Autorin, nicht nur im Buch, sondern auch auf ihrer Website https://inahaller.ch/ geschichtsrelevante Rezepte abdruckt, werde ich mir heute zum Znacht eine "Liestaler Käsewähe" backen. Schaffe ich das?

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