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Was vom Tage übrigblieb. Von Kazuo Ishiguro.

Happy End auf den Spuren eines japanischen Literaturpreisträgers.

Wenn der Literatur-Nobelpreis wie 2021 mal wieder an eine(n) Schriftsteller(in) geht, von dem nicht einmal die versammelte Literaturkritik der alten Welt gehört, geschweige denn etwas von ihm oder ihr gelesen hat, greife ich ersatzweise gerne zu Werken von früheren Preisträger(innen) mit einem tieferen Fussabdruck in der Bücherwelt. Dieses Jahr war das der 2017-er Laureat Kazuo Ishiguro und ein Buch, das «get abstract» als «einen der wichtigsten englischen Romane seit 1945» bezeichnet.  

Japaner, so geht das Cliché, sind zurückhaltend, höflich und zeremoniell. Auch Briten, so sie  der «upper class» angehören, legen Wert auf Diskretion und neigen zum Understatement. Den Roman eines Japaners, der in England lebt, müssten also Bescheidenheit, Zurückhaltung und Tiefstapelei in geradezu exzessivem Mass prägen. Und dies bestätigt sich mit jeder Seite, die man umblättert und dabei einen alternden britischen Butler von Rang auf einer Fahrt durch Südengland begleitet.

Sein aktueller Dienstherr, ein neureicher US-Amerikaner, hat das Anwesen des politisch gescheiterten britischen Adligen Lord Darlington samt dessen Chef-Butler übernommen. Dieser Stevens erinnert sich nun in grosszügigen Rückblenden an die vermeintlich glorreichen Zeiten, als Darlington auf seinem Schloss und in seiner Anwesenheit englische, deutsche und amerikanische Politiker zu geheimen Verhandlungen empfing. Eigentlich wollte der deutschfreundliche Lord lediglich die Verlierer des 1. Weltkriegs aus den Fesseln des Versailler Vertrags befreien, wurde aber dadurch zum Kollaborateur des Dritten Reichs.

Neben dieser spannenden zeitgenössischen Komponente haben mich als studierten Anglisten und Fan der Netflix-Serie «The Crown» vor allem Ishiguros lakonische Schilderungen des bis zur Exzentrik durchchoreographierten Geschehens in einem britischen Herrschaftshaus köstlich amüsiert.

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