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Jaffa Road. Von Daniel Speck.

Der Gastchecker hat lange nichts geschrieben. Das kann nur einen Grund haben: Er hat gelesen.

Dass ich seit Wochen keinen Blog-Beitrag geliefert habe, hat seinen Grund. Dieser heisst «Jaffa Road» und ist ein Wälzer von 672 Seiten. Geschrieben hat ihn der deutsche Film- und Drehbuchautor Daniel Speck («Meine verrückte türkische Hochzeit»; «Maria, ihm schmeckt’s nicht»), der als Romancier bereits mit «Bella Germania» und «Piccola Sicilia» gepunktet haben soll. Das weiss ich dank Wikipedia; «Jaffa Road» ist das erste Buch von ihm, das mir eher zufällig unter die Lesebrille geraten ist.

Die Geschichte setzt Ende der 1940er Jahre ein, ist aber im Licht der jüngsten Auseinandersetzungen zwischen dem Staat Israel und der palästinensischen Hamas im Gazastreifen von ungebrochener Aktualität. Speck wagt sich an nichts Leichteres als den Konflikt zwischen Juden und Arabern im Nahen Osten, der mit dem Abzug der Engländer aus Palästina anno 1948 begonnen hat. Am Lebenslauf des deutschen Wehrmachtsfotografen Moritz/Maurice, der die erste Frau und ein Kind in Berlin zurücklässt, mit der Jüdin Yasmina an der Jaffa Road in Haifa eine Stieftochter aufzieht und schliesslich mit der palästinensischen Freiheitskämpferin Amal und ihrem Sohn eine dritte Familie hat, spiegelt der Autor gleichermassen die Schuld der deutschen Nationalsozialisten, die Leiden der Juden, die sich dadurch während und nach dem Krieg aus Europa vertrieben sahen und die der arabischen Bevölkerung, die von den jüdischen Einwandern aus dem entstehenden Zionistenstaat vertrieben wird.

Diese beklemmende Schilderung eines schwierigen Stücks Zeitgeschichte bettet Speck ein in das Zusammentreffen von zwei Kindern und einer Enkelin von Moritz/Maurice, die sich nach dessen Tod in seinem Haus in Palermo treffen und in Rückblenden ihre individuellen Schicksale und die ihrer Angehörigen Revue passieren lassen. Zu Beginn der Lektüre fordern einen Specks Zeitsprünge, die Drei-Ebenen-Geschichte und das zahlreiche Personal ziemlich (es empfiehlt sich, gelegentlich einen Blick auf das «Who is Who?» im Anhang zu werfen), aber dann schlägt einen diese gekonnte literarische Aufbereitung des Nahost-Konflikts von den Anfängen über das «Schwarzer September»-Attentat auf die Olympischen Spiele in München 1972 bis zum heutigen Tag  in seinen Bann.  

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