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Krass. Von Martin Mosebach.

Ein Buch, das nur Hartgesottene bis zum Ende lesen.

In der monatlichen Bücherbeilage der «NZZ am Sonntag» gibt es die Rubrik «Bücher, die Sie sich sparen können». Nun frage ich mich, weshalb dort der Roman «Krass» des deutschen Autors Martin Mosebach nicht längst gelistet worden ist. Ich hätte dann die Zeit, in der ich mich über die Ostertage durch das knapp 500-seitige Epos dieses mediokren Möchtegern-Thomas Manns quälte, anderweitig investieren können.

Zum Download des dreiteiligen Wälzers verführten mich im Gegenteil hymnische Kritiken auf den Literaturseiten deutscher Qualitätszeitungen, die allesamt die Beobachtungsgabe und die Sprachgewalt «des Manns mit dem Einstecktuch» lobten. Allesamt warnten sie davor, den manierierten, altmodischen Stil, der sich auch in der Orthographie niederschlägt («Sopha», «Telephon», «Bankerott») für das zu nehmen, was er meiner Meinung nach aber effektiv ist, nämlich sprachverliebten Schwulst.  

Die bizarre Story dreht sich um einen in dunkle Waffengeschäfte verstrickte und damit stinkreich gewordenen übergewichtigen Unsympath. Im ersten Romanteil hält dieser Ralph Krass auf einer Reise durch Süditalien eine Gesellschaft frei, die nichts anderes zu tun hat, als den spendablen, aber komplett asozialen Koloss zu bewundern. Zum Tross gehören auch eine dekorative Begleiterin namens Lidewine und Dr. Jüngel, Krassens Sekretär und Organisator des skurrilen Neapel-Trips. Letzterer füllt im zweiten Buchteil, ein paar Jahre später im französischen Exil, ein Tagebuch  mit den seelischen Schäden, die aus dem Engagement als Krassens «Jüngling für alles» davongetragen hat.  

Vollends absurd wird die sinnfreie Geschichte, als sich im dritten Teil die drei Hauptfiguren Krass, Lidewine und Jüngel, wiederum viele Jahre später, zufällig in Kairo wiederbegegnen. Jüngel und Lidewine finden dort endlich ins gleiche Bett (und verhelfen Mosebach mit diesem Akt nebenbei noch zu einem Platz in den Top Ten der schlechtesten Sex-Szenen der Literatur*). Krass hingegen, zu diesem Zeitpunkt völlig verarmt und auf der Strasse lebend, stirbt in einem Armenkrankenhaus in den Armen eines schmierigen ägyptischen Anwalts.  Mehr muss man von diesem Buch nicht wissen. Und wer es in der Hoffnung auf eine Bestätigung der Lobhudeleien in FAZ, Süddeutsche, ZEIT und Konsorten bis zum Ende liest wie ich, dem ist auch nicht zu helfen.  

*Moritz, Rainer: Wer hat den schlechtesten Sex? Eine literarische Stellensuche. Random House, München 2015

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