HEN NA E (Seltsame Bilder). Von Uketsu.

Ich finde, ich habe mir das verdient. Nach der Lektüre von Hunderten von Kriminalromanen und Thrillern kommt hier ein Buch daher, welches eine komplett neue Herangehensweise und auch eine komplett neue Form bietet. Nicht dass das Buch dreieckig ist oder von hinten nach vorne gelesen werden muss. Nein, das Buch ist einfach so komplett anders. Man nennt sowas einen "Sketch-Mystery-Roman." Also ein Roman, der mit mysteriösen Zeichnungen arbeitet und diese auch abbildet. Dabei entsteht, gemäss Klappentext, ein "fesselnder Spannungsroman". Und das stimmt. Zumindest im vorliegenden Fall.

Der Autor - Uketsu - ist ein japanischer Youtube-Star und niemand kennt ihn, weil er (oder sie?) immer mit Gesichtsmaske auftritt. Man sagt ihm nach, dass er mit seinen "Sketch-Mystery-Romanen" die japanische Krimikultur verändert habe.

Wenn ich nun hier den Plot des vorliegenden Buches "Hen na e - Seltsame Bilder" aufzeigen soll, dann stehe ich vor einer fast nicht lösbaren Aufgabe. Vielleicht so: Das Buch handelt von verschiedenen Menschen in Japan, die alle, kurz vor ihrem (meist gewaltsamen) Tod, ein oder mehrere "seltsame Bilder" zeichnen. Die Bilder sind nur deshalb "seltsam" weil sie - oberflächlich betrachtet - keinen Sinn ergeben. Erst das Analysieren der Bilder und Zeichnungen machen sie zu Botschaften, die, letztlich auf ein Verbrechen und einen Mörder hinweisen. Es gibt in diesem Buch keinen ermittelnden Kommissar oder eine Kommissarin, sondern es sind mehrere Personen, die diese Rätsel lösen wollen und werden. Die Zusammenhänge erschliessen sich mit der Lektüre.

Alles klar?

Ja und der Schreibstil. Es gibt nur vier Kapitel. Der Autor ungterbricht allerdings seine Geschichte jeweils entweder mit dem Wechsel von Perspektiven und Personen. Und er fügt eine ganze Menge an witzigen und erklärenden Illustrationen ein. Alle in japanisch - mit deutschen Untertiteln. Ganz wichtige Stellen, die man nicht überlesen sollte, sind fett gedruckt. Auch das ist nicht wirklich "normal". Zudem immer wieder die "seltsamen Bilder", auch manchmal als Auschnitte. Dass das Buch in schwarz/rot gehalten ist (schwarzes Cover und schwarze Seitenränder - rote Innencover) ist schon fast nebensächlich. Es sei denn, man sei EHC BASEL-Fan..

Also: Wenn Sie mal ein bisschen Abwechslung in den Lesealltag bringen wollen, ist das Buch "HEN NA E - Seltsame Bilder" von Uketsu eine unbedingte Kaufempfehlung von mir. Sie werden ein ganz ungewohntes Leseerlebnis haben. Und das ist doch schon ein Grund. Das Buch kostet im Hardcover CHF 34.90. Ennet der Grenze ist es für 24 EUR zu haben.

Schatten über Sømarken. Von Michael Kobr.

hierierur Info: Michael Kobr ist die eine Hälfte des sehr erfolgreichen Autoren-Duos Kobr/Klüpfel, die den legendären Kommissar Kluftinger erfunden und jahrelang bewirtschaftet hat. Kluftinger ist nun entweder in Rente oder er pausiert, jedenfalls haben die beiden je eine Solo-Karriere als Krimiautoren gestartet. Das bisher einzige Werk von Klüpfel haben wir erst kürzlich gecheckt (siehe Bücherliste). Kobr allerdings ist mit seinem Bornholm-Krimi bereits zum dritten Mal dabei (auch hier: Bücherliste). Er muss weder den Protagonisten einführen, noch sein Umfeld. Sondern er kann direkt mit dem Plot loslegen. Und das merkt man.

Der dritte Bornholm-Krimi von dem ehemaligen Realschullehrer Michael Kobr ist - wieder - ein Volltreffer. Ein Todesfall zu Beginn und dann reihen sich Fakten und Geschichten aneinander, die viel Spannung bieten. Und: Sie sind weder übermässig witzig noch konstruiert. Das Buch liest sich fliessend, weil die Geschichte nachvollziehbar und schnell ist.

Auch die Thematik ist toll: Kobr beschreibt die Szene der TV-Köche und deren Shows, beschreibt einen der rücksichtslosen Juroren (ein Dieter Bohlen der Kochshows) und erzählt über die Hintergründe bei diesen Kochsendungen.

Da die Freundin des Protagonisten eine Sterne-Köchin ist, wird auch viel gekocht und am Ende gibts noch ein paar Rezepte (das ist zwar nicht wirklich nötig, aber was Donna Leon und Rita Falk können, darf Kobr noch lange...).

Auf dem Buchdeckel klebt ein gelber Aufkleber: "Michael Kobr: Bekannt von den Kluftinger-Krimis". Das ist ein Hinweis, den es jetzt nicht mehr braucht. Kobr schreibt tolle Krimis, setzt sie in das schöne Dänemark und bleibt sich treu.

Lesen Sie diesen Krimi wenn Sie Lust auf eine angenehme, schöne Geschichte in einer ebensolche Umgebung haben.

Das Dinner. Von Emily Rudolf.

Die Autorin ist noch keine dreissig Jahre alt! Und schreibt ein Buch, welches wirklich gute Noten verdient hat. Es ist bereits ihr zweites und schon mit ihrem Debutroman "Die Auszeit" hat sie sich an die Spitze der Ranglisten geschrieben. Respekt.

Nach der Lektüre des Klappentextes hatte ich so meine Zweifel, ob ich dieses Buch "Das Dinner" gut finden werde. Ich mag die Kammerspiele bei den Krimis nicht so sehr. Und die meisten Autoren oder Autorinnen, die mit immer wiederkehrenden Protagonisten arbeiten (meistens Kommissare) versuchen sich irgendwann an einem Kammerspiel: Sie sperren den Kommissar oder die Kommissarin zusammen mit ein paar anderen Menschen in ein Hotel, auf eine Insel, in die Gondelbahnkabine oder auf ein Schiff - und dann passiert ein Mord. Gleichzeitig kommt ein Schneesturm oder sonst eine Katastrophe und sorgt dafür, dass die Ermittelnden zusammen mit den Verdächtigen festsitzen oder eingesperrt sind. Dann beginnt eine Miss-Marple-Orient-Express-Ermittlung und die haben meistens kein Tempo und langweilen oft. Also ich hatte den Verdacht, dass sich "Das Dinner" so abspielen wird. Die alten Freunde treffen sich zu einem Krimi-Dinner und und während des Spiels finden sie dann raus, was vor fünf Jahren mit ihrer verschwundenen Freundin geschehen ist.

Emily Rudolf aber überrascht mich positiv! Natürlich zieht - aus dramaturgischen Gründen - auch bei dieser Geschichte ein Sturm über das sonst verlassene Haus, unterbricht die Kommunikation und lässt die Gruppe alleine. Aber durch das "Krimi-Dinner" werden "Flash-Back"-Kapitel im Buch ermöglicht und man erlebt die massgebliche Geschichte swohl heute, wie auch damals. Das ist ziemlich genial gemacht. Die Spannung bleibt bestehen, die Geschichte hat ein gutes Tempo und die Gedanken, die einem als Lesenden aufgezwungen werden, sind nicht immer ganz korrekt.

Das Buch hat 460 Seiten. Müsste ich unbedingt eine Kritik anbringen, dann würde ich wohl schreiben, dass 360 Seiten auch genügt hätten. Aber ich weiss ja nicht, was dann verloren gegangen wäre. Deshalb: keine Kritik an diesem Buch. Es ist kein Hardcore Thriller. Aber eine sehr verzwickte Geschichte mit ganz wenig Gewalt aber umsomehr FlowerPower-Stories, die eigentlich von 40 Jahren aktuell waren. Ich war mir nicht bewusst, dass es das heute auch noch gibt.

Jedenfalls: Ein Buch für ins Feriengepäck oder alternativ auf den E-Reader. Das Buch kostet irgendwo zwischen 17 EUR und 27 Franken. Und es lohnt sich in jedem Fall.

Tod in stiller Nacht. Von Viveca Sten.

"Ein nordischer oder skandinavischer Krimi" weckt bekanntlich Erwartungen. Die Titel aus Skandinavien sind bald schon ein Genre für sich. Sie zeichnen sich generell aus durch einerseits eine gewisse Düsterheit (das mag ja auch daran liegen, dass sie meistens im Winter spielen, wenn es nördlich von Dänemark meistens kalt und dunkel ist) und dann sind sie oft auch etwas brutal. Zwar nie so ausschweifend, dass man das Buch angewidert zur Seite legt, aber schon präzis genug, um leer zu schlucken (wenn Arne Dahl beispielsweise,.... ach lassen wird das!).

Nun also liegt Viveca Stens neues Buch vor. Sie hat eine grosse Fangemeinde und hat schon einige Bücher geschrieben. Allein auf der letzten Seite des vorliegenden Buches sind sechs Titel abgebildet, die allesamt aus Viveca Stens Feder stammen.

Wir haben "Tod in stiller Nacht" gelesen und befinden das Buch als angenehm und eben typisch "skandinavisch": Es schneit, es ist kalt und es ist oft dunkel. Die Story beinhaltet eine gewisse Besinnlichkeit (sie spielt in der Weihnachtszeit), aber der Plot transportiert eine schöne Spannung. Natürlich gibt es eine Leiche zu Beginn. Und einen halb totgeschlagenen Polizisten in der Mitte des Buches. Aber alles in erträglichem Rahmen.

Ich würde sagen, Viveca Sten ist eine "skandinavische Autorin" für Einsteiger. Zumindest in diesem Buch. Sie schiebt die Geschichte in einem sehr guten Tempo voran, bespielt mehr als eine Spielfläche (wir bekommen Einblick in Familiengeschichten, in geschäftliche Machenschaften und in die in Skandinavien schwer verbreitete Skepsis und Aversion gegen Immigranten.

Das Buch kann man getrost mit in die Sommerferien nehmen.

Wenn Ende gut, dann alles. Von Volker Klüpfel.

Information zu Beginn: Der Autor Volker Klüpfel ist eine Hälfte des Autorenduos mit Michael Kobr, welches Kommissar Kluftinger erfunden und gepflegt hat und zwar hoch erfolgreich bis hin zu Verfilmungen. Nachdem Kluftingers Reihe pausiert, hat Michael Kobr bereits zwei gute Solokrimis produziert (Bornholm-Krimis; in diesem Blog auffindbar). Nun steigt auch Volker Klüpfel in den Ring und bringt mit "Wenn Ende gut, dann alles" einen unterhaltsamen Kriminalroman auf den Wühltisch.

Ich gehe jetzt mal davon aus, dass Klüpfel bei den Kluftinger-Büchern für die Kalauer, Witzchen und Zoten verantwortlich war. Denn ebensolche gibt es in diesem Buch zuhauf. Auf jeder Seite wird krampfhaft versucht, einige witzige Stellen einzubauen. Manchmal gelingt das ganz gut und die Leserinnen und Leser können sicherlich schmunzeln. Mit der Zeit aber nehmen diese Lustigkeitsversuche überhand und beginnen dann und wann auch zu stören. Nicht zuletzt, weil die Protagonistin – eine Putzfrau aus der Ukraine – mit ihrem grammatikalisch nicht ganz lupenreinen Deutsch mit jedem Satz, welcher von ihr aufgeschrieben wird, einen herbeigezogenen Witz präsentiert (siehe Buchtitel).

Und das ist längst nicht die einzige Quelle des Autorenhumors: Der männliche Hauptdarsteller versucht sich nämlich erfolglos und in jeder Situation als Schriftsteller und seine kümmerlichen Schreibversuche werden ebenfalls kapitelübergreifend ins Lächerliche gezogen und permanent wieder aufgewärmt. Dazu kommen ein überdrehter, und charmierender Vater im Altenheim, eine Runde romméspielender Senioren, ein nervender Ordnungsamtsbeamter mit Hund, ein Wohnmobil mit technischen Mühen und Kinder in einem Kinderheim – alles Gelegenheiten, um Witze, Spässchen, Kalauer oder Sprachwitze einzubauen. Nochmals: anfangs sehr erheiternd, mit der Zeit etwas mühsam.

Ah ja, und dann ist da ja noch ein aufgefundenes stummes Mädchen, welches nicht spricht und alleine im Wald herumirrt. Mit diesem Kind beginnt die eigentliche Story des Buches und das Rätsel, welches unsere beiden Witzbolde lösen müssen. Im Grunde kein schlechter Plot, der einfach – und das ist wie immer mein Eindruck – mit allzuviel Witz präsentiert wird.

Wenn man also grad ein Witz- und Humormanko verspürt, dann ist dieses Buch sicherlich eine gute Therapie. Hochstehend ist es nicht, witzig aber schon. Vorausgesetzt, es ist der Humor, den man mag.

Grenzfall - Ihre Spur in den Flammen. Von Anna Schneider.

Einmal mehr bin ich in die Falle getappt. Und es ist meine Schuld...

Auf dem "Neuheiten"-Tisch in der Buchhandlung meines Vertrauens liegt ein Buch mit attraktiven Cover und einem ebenso interessanten Titel: Grenzfall - Ihre Spur in den Flammen! Kurzer Blick zur Zusammenfassung auf der Rückseite des Buches und der Kaufentscheid steht.

Beim Begutachten meines Einkaufs zu Hause merke ich dann, dass "Grenzfall" der Überbegriff einer Serie der Autorin ist und wir bereits bei Band 5 angelangt sind. Das hätte mich skeptisch machen müssen.

Dann folgt die Lektüre. Sie löst zwei ganz verschiedene Gefühle aus: Einerseits ist der Plot der aktuellen Geschichte kein schlechter und die Protagonistin, Kommissarin Alexa J., ist eine spannende Figur mit spannenden Ansichten und einem unterhaltsamen Verhältnis zum Berufspartner. Die Geschichte um die Feuer in der Region ist zwar etwas kompliziert, aber dennoch schnell und interssant.

Was aber gehörig nervt, jedenfalls mich, ist, dass die Autorin die Lektüre der Bücher VOR dem aktuellen Fall schlicht voraussetzt. Und das finde ich gelinde gesagt überheblich. Als Neuleser der "Grenzfall"-Serie, der sich erlaubt, nicht bei Band 1 zu beginnen, werde ich dafür mit Erklärungen und Rückblicken bestraft, die halt aus den Vor-Werken entstammen.

Das macht auch vor der zweiten Hauptfigur nicht halt: Der grummlige LKA-Kommissar Krammer (der Vater der Kommissarin Jahn, was ich aber erst nach vielen Seiten erfahren durfte) beschäftigt sich bis zur Seite 152 mit eigenen Problemen (natürlich aus vergangenen Büchern) und wird erst dann von seiner Tochter zum aktuellen Fall befragt. Es scheint, als hätte man den Vater-Kommissar irgendwie literarisch beschäftigen müssen, damit er dann nach 160 Seiten eingreifen kann...

Damit wir uns richtig verstehen: Es kommt immer mal wieder vor, dass ein Autor auf eines seiner früheren Bücher mit demselben Kommissar oder derselben Heldin Bezug nimmt. Das kann man dann aber mit einem oder zwei Sätzen erklären. Und nicht mit ganzen Kapiteln. Denn dann komm ich mir als Leser vor wie ein Betrüger, der Band 5 liest ohne die vorhergehenden Bücher gekauft zu haben.

Hinweis: Im Februar 2026 kommt Band 6 (Ihr Grab in den Fluten) heraus. Wenn Sie den kaufen wollen, kommen Sie zuerst bei mir und dem Büchercheck-Buchmobil (siehe Hinweis auf der Startseite) vorbei und schauen Sie, ob Band 5 - also der eben gecheckte - noch vorrätig ist. Dann sind sie vielleicht auf Band 6 vorbereitet...

Gefährliches Wasser. Von Daniel Izquierdo-Hänni.

Das ist für den Autor ein «Lucky Punch» (und für die Betroffenen natürlich eine Katastrophe): Sein neuester Krimi mit dem taxifahrenden Ermittler Alapont und dem Thema «Wasser und Macht Valencia» war schon fertig geschrieben und beim Verlag zur Produktion, als über Valencia die Katastrophe hereinbrach und am 29.10.2024 die Stadt unter Wasser setzte. Izquierdos Heim war knapp ausserhalb der überschwemmten Zone. Dieses Ereignis und die mehrmals im Buch erwähnte Flut, die bereits 1957 Valencia heimsuchte, geben dem Buch «Gefährliches Wasser» eine geradezu unheimliche Authenzität. Der Verlag reagierte umgehend und ermöglichte es dem Autor in allerletzter Minute ein «persönliches Vorwort» zu verfassen und sich mit dem Opfern der Flut(en) zu solidarisieren.

Ja und dann ist da natürlich auch noch das Buch an sich. Ich habe an dieser Stelle auch den Erstling von Izquierdo gecheckt und wir haben damals festgestellt, dass das Buch ein schöner Reiseführer durch Valencia, verbunden mit einem Kriminalfall, geworden ist.

Ich hoffe sehr, es gäbe da draussen ein paar Menschen, die zuerst den ersten Fall, dann den zweiten und nun den vorliegenden dritten Ermittllungsfall mit Alapont, dem abgehalfterten Kommissar aus Valencia, der nun mit Taxifahren und eben «Hobbyermitteln» seine Paella verdient gelesen haben. Denn diese LeserInnen werden mir vielleicht beipflichten: Es ist augenscheinlich, wie der Autor sich entwickelt hat. Das eher dünne Buch Nr. 3 (216 Seiten) erzählt die Geschichte um das «Wassermanagement» und die damit verbundenen Tricksereien und eben auch Straffälle sehr stringent, ohne riesige Nebenschauplätze, mit genau der richtigen Dosierung von «Reiseführer» und mit einer verständlichen und gut lesbaren Sprache. Izquierdos «Alapont» kann sich ohne weiteres zu Kollege Brunetti in Venedig oder zu Montalbano in Vigatà gesellen. Er braucht sich weder im Stil noch in der Qualität zu verstecken.

Ja, ich gebe an dieser Stelle zu, dass der Autor und ich uns seit ein paar Jahren kennen (wir stammen beide aus demselben Dorf bei Basel). Aber ich habe mit ihm einen Deal: «Wir checken Dein Buch. Wenn es nicht gut ist, dann schreiben wir das!».

Deshalb kann ich mit gutem Gewissen festhalten: Das Buch «Gefährliches Wasser» von Daniel Izquierdo-Hänni ist ein gutes Buch. Tragischerweise sehr aktuell. Und ein paar Schritte weiter als seine Vorgänger. Es macht Spass, mit Alapont in Valencia umher zu streunen.

Wenn Sie nicht einverstanden sind, dann können Sie mir eine E-Mail schicken.

Jede Sekunde zählt. Von Anne Gold.

Kennen Sie das? Sie stehen vor der Auslage in einem Buchladen und sehen ein Buch, welches die Nr. X in einer Serie ist, welche sie schon seit Anbeginn mitlesen. Dann kaufen Sie das Buch. Blind. Ohne den Klappentext zu lesen oder die Rezensionen zu prüfen. Das freut den Verlag, den Autor (oder die Autorin) und mich. Eine Win-win-win-Situation auf welcher wohl der grösste Teil der Motivation eines Autors aufgebaut ist…

So geht es mir mit den Krimis um Kommissär Ferrari und seiner Assistentin Nadine aus Basel. Wann immer die typischen schwarz/roten Covers dieser Ferrari-Bücher auf dem Tisch liegen, wandern sie in meinen Einkaufskorb.

Anne Gold (die in Tat und Wahrheit ganz anders heisst und auch keine Frau ist) schreibt nun seit Jahren Krimis mit dem Basler Ermittlerduo. Seit bald 20 Jahren erscheint jährlich ein Ferrari-Krimi und damit ist er, wenigstens was die Kadenz betrifft, in der Brunetti-Liga.  

Wer jeden Band gelesen hat – und ich bekenne mich dazu – merkt auch, wie sehr sich der Schreibstil von «Anne Gold» geändert hat. Der vorliegende Band liest sich geschmeidig, logisch und ohne überraschende Perspektivenwechsel. Ganz im Gegenteil zu Band 1, bei dem man sich wesentlich mehr anstrengen musst.

Gleich geblieben ist die unaufdringliche «Basiliensis» in den Romanen. Basel ist nicht Berlin, wo man 40 Tatort-Krimis abdrehen kann, ohne auch nur einmal den Tatort in die Nähe eines vorherigen zu legen. Basel ist dagegen ein Dorf. Aber «Anne Gold» schafft es, Basel unaufgeregt aber permanent zu zeigen und zu beschreiben. Kein Reiseführer, aber eine Orientierungshilfe. Wenn eine ausserkantonale Leserin alle 20 Bände intus hat und noch nie in Basel war, dann weiss sie mittlerweile, welches Quartier sie nur in Begleitung betreten sollte…

Die Plots haben auch an Qualität und Spannung gewonnen. Eine spannende und rasante Geschichte wartet auch im vorliegenden Band auf die beiden Ermittler.

Und der Stammleser (oder die -in) lässt es sich gefallen, dass die Protagonisten der Ferrari-Krimis allesamt nicht älter werden. Es ist und bleibt eine fiktive Serie. Und da darf man die Menschen jedes Mal gleich alt sein lassen. Wie dereinst Jerry Cotton, der nach seinem ersten Fall 1954 noch heute ermittelt, als wäre er 35.

Kaufempfehlung: Steigen Sie ruhig ein in die Serie. Sie wird noch lange weitergehen…

Commissario Tasso bekommt Gegenwind. Von Gianna Milani.

Manchmal muss das einfach sein. Ein Buch, welches in der Zeit spielt, in welcher ich geboren wurde bzw. ganz jung war. Das bringt mir einige Highlights: Erstens erfahre ich so mehr über die Art und Weise des Lebens meiner frühesten Jugend. Es hilft mir sogar die Familiengeschichte oder meine Eltern besser zu verstehen.

Da wird – als Beispiel – während der Geschichte um die tote Bäuerin im Südtirol der amerikanische Präsident JFK in seiner Limousine erschossen und – auch wenn die Nachrichten dazu nur schleppend reinkommen – die ganze Welt ist schockiert und der Vater unserer Protagonistin beordert seine Tochter umgehend aus Mailand nach Hause, weil er nach dem Attentat Ausschreitungen in der Grossstadt befürchtet.

Oder die Dorfjungend: Wunderschön beschrieben wie junge Menschen, ohne Handy, abends abhängen. Wenn wir bisher gedacht haben, das wäre alles sehr gesittet und unschuldig abgegangen, könnte man bei der Lektüre dieses Buches andere Eindrücke erhalten.

Oder die Ermittlungsmethoden. Mehr Spürnase als Technik. Mehr Intuition als Spurensicherung. Laufen, fahren und besuchen – anstatt telefonieren oder Videokonferenzen.

Die Geschichte um die tote, ausländische (!) Ziegenbäuerin im Passeiertal spielt eigentlich eine Nebenrolle. Die ganze Geschichte eingebettet in die damalige Zeit und das damalige Denken der Menschen ist das erfreuliche Resultat dieses Buches.

Man merkt, dass die Autorin Gianna Milani (die sich nur so nennt und in Wahrheit eine deutsche Autorin ist, die sich für das Südtirol und dessen Geschichte interessiert) weiss, worüber sie schreibt. Laut Klappentext träumt sie von einem «Häuschen in Norditalien». Bis dahin schreibt sie Bücher. Wenn sie die Reihe um die Hobbyermittlerin Mara Oberhöller und den Commissario Tasso so erfolgreich weiterführt, könnte sie sich vielleicht bald einmal auf dem Tiroler Immobilienmarkt umsehen…

Kaufempfehlung: Ja. Als Ausflug in die eigene Jugend (oder in jene der Eltern…) sehr empfehlenswert.

Der fremde Passagier. Von Louise Candlish.

Das ist wirklich ein Buch, welches man getrost als «Thriller» bezeichnen kann. Louise Candlish, die britische Erfolgsautorin, kann das auch gut. Sie hat schon einige Bücher geschrieben und gehört – wie andere natürlich auch – «zu den erfolgreichsten britischen Spannungsautorinnen» (Klappentext). «Spannungsautorin» - welch schönes Wort…

Aber ja. Die Geschichte beginnt ganz einfach und könnte auch bei uns im Leben passieren: Wir treffen auf ein Paar, welches neu in der Nachbarschaft ist, essen miteinander und befreunden uns. So einfältig führt uns Louise Candlish in ihre Geschichte ein.

Und dann beginnt sie einige Geschichtsfäden aufzureihen und erzählt jede davon. Natürlich auch die «Hauptgeschichte» die, so will es ein gute Thriller, letztlich überhaupt nicht so ist, wie man es erzählt bekommt. Irgendwann in diesem Buch überkommt die Lesenden das Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt und man seit Beginn des Buches auf eine komplett falsche Fährte geführt worden ist.

«Der fremde Passagier» ist ein Buch – eben ein Thriller – der komplett ohne blutgetränkte Leichen und andere Brutalitäten auskommt. Die Spannung beschränkt sich auf psychologische Spielchen, die man lange nicht durchschaut.

Die Figuren, die Candlish zeichnet, sind sehr realistisch. Die Momente, die sie beschreibt auch. Wir befinden und bei der Lektüre mitten in der Londoner Arbeitswelt und plötzlich ist man zuerst Teil einer kleinen, amourösen Verschwörung die sich zu einem Psychospiel der Extraklasse hochsteigert. Das ist wirkliche Thrillerkunst.

Ich empfehle dieses Buch all jenen, die gerne einen Thriller lesen, der nicht gleich mit Mord und Totschlag beginnt.