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Der Eisenbahnmörder. Von David Morrell.

Die «historischen Kriminalromane» sind ja – was die Handlungszeit betrifft – nicht alle über eine Leiste zu brechen. Die erste Kriminalgeschichte findet sich bereits im zweiten Kapitel der Bibel (Die Sache mit dem Brudermord…) und es folgen Krimis in allen Epochen dieser Zeitrechnung.

In vergleichsweise jüngerer Zeit können die Zeitepochen sehr gut anhand der Telefonie unterschieden werden: Gab es schon mobile Telefone (ab ca. 1975), gab es schon in jedem Haushalt eins (ca. 1960), wurde noch vermittelt (vor 1960) etc.

Im vorliegenden Kriminalroman aus England wurde soeben die Eisenbahn erfunden. Und es gab weder öffentlich verfügbare Telefone, noch gab es Autos oder irgendetwas, was wir, die seit 1960 des letzten Jahrhunderts geboren wurden, noch erlebt haben. Und ein Drogenkranker ist aufgrund seiner Sucht im ganzen britischen Empire bekannt. Und das ist sehr amüsant zu lesen.

Wir spielen das Jahr 1855 und es passiert ein Mord in einem Eisenbahnwagen auf der bisher einzigen Zugslinie ab London. Das bringt – nachdem es bekannt wurde – beinahe die Erfindung der «Eisenbahn» zum Erliegen. Aufgeklärt wird das Verbrechen, welches ziemlich vielschichtig ist, vom «Opiumesser» (also vom Mann, der Opium isst) Thomas De Quincey und seiner Tochter. Der drogensüchtige Schriftsteller (der beinahe jedem, der in diese Buch vorkommt, bekannt ist) ermittelt also – zusammen mit der Polizei. Wir erleben «Droschkenfahrten», erleben wie «Botschaften» übermittelt werden (immerhin bereits mit Telegrammen) und müssen uns daran gewöhnen, dass wenn die Polizei an einen Tatort gerufen wird, es ein paar Stunden dauern kann. Wir erleben, wie ein Grossfeuer anno 1855 gelöscht wird und wir können nachfühlen, wie wichtig es war, zum «Establishment» zu gehören (oder wie schrecklich es sein kann, wenn man nicht dazu gehört). Wir riechen förmlich die stinkenden Strassen im Nebel der Stadt London und erleben eine Verfolgungsjagd – mit Kutschen in der Nacht.

Bref: Es ist herrlich sich in einer Zeit zu bewegen, wo den Kommissaren nicht vor jedem Tatort wie zufällig ein Parkplatz zur Verfügung steht, wo «Kein Netz» - also keine Verbindung – nicht zum Plot gehört sondern Normalität ist.

Das Buch, welches mit einer Liebesgeschichte als Gerüst dient, bietet einen spannenden Plot in einer spannenden Zeit. Die Lesenden werden eins mit dem Gespann Vater und Tochter De Quicy und würden dem «Opium-Esser» gerne seine Droge aus den Händen schlagen.

Schönes Buch. Mir hat es gut gefallen.

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